Arzneimittel mit Suchtpotenzial: Nasenspray

Im Frühjahr sind sie der beste Freund allergiegeplagter Menschen, im Winter treibt die Heizungsluft ihren Umsatz in die Höhe: Die Rede ist von abschwellenden Nasensprays. Man muss zugeben: Sie sind potente Helfer – doch leider kommen sie mit einer Batterie an Nebenwirkungen. Was also tun, wenn die Nase versagt?

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Der Blick nach draußen verheißt nichts Gutes: quer prasselnder Nieselregen, die Sonne geht gerade unter. Das Thermometer zeigt 2 Grad Außentemperatur an und man hört den Wind deutlich um die Dächer pfeifen. Bei diesem Wetter würde man nicht mal einen Hund vor die Tür schicken, sondern sich eher auf der Couch einmummeln und dem Fernsehprogramm hingeben. An sich ist das verständlich, das Problem ist aber: Die trockene, künstlich aufgewärmte Heizungsluft ist leider Gift für die Schleimhäute unserer Atemwege. Und da haben wir auch schon den Grund, warum die Nasenspray-Käufe im Winter in die Höhe steigen. Aber warum ist das ein Problem?

Abschwellende Nasensprays – Fluch oder Segen?

Um diese Frage beantworten zu können, sollte man sich die Wirkungsweise von abschwellenden Sprays einmal verinnerlichen. Alles beginnt mit Viren oder (eigentlich ungefährlichen) Allergenen, die mit der Nasenschleimhaut in Kontakt kommen. Um diese loszuwerden und sie gar nicht erst anheften zu lassen, reagiert die Schleimhaut mit verstärkter Sekretbildung und ruft nach Hilfe: Bald darauf werden zur Erregerabwehr spezialisierte Immunsystem-Zellen über unser Blut zur Nase transportiert. Die negative Folge: die Nasenschleimhaut verdickt sich dadurch. Viele Betroffene wenden sich jetzt an die Arztpraxis ihres Vertrauens und fragen nach einem Antibiotikum, doch das ergibt nur in wenigen Fällen wirklich Sinn – beispielsweise, wenn weitere Symptome wie Fieber, Schmerzen oder erhöhte Entzündungsmarker im Blut auftauchen. Denn erstens sollte man antibiotische Medikamente aufgrund ihrer zahlreichen Nebenwirkungen nur bei langen beziehungsweise wiederkehrenden Infekten verabreichen und zweitens sollten vorher andere Therapien ausprobiert werden, bevor man sprichwörtlich „mit Kanonen auf Spatzen schießt“. Daher ist ein abschwellendes Nasenspray meist das erste Mittel der Wahl, um dem Anschwellen der Nasenschleimhaut entgegenzuwirken – und das funktioniert auch!

Mit Hilfe umständlich klingender Wirkstoffe wie Xylometazolin oder Oxymetazolin wird die Schleimhaut nämlich daran gehindert, anzuschwellen – was das Durchatmen effektiv erleichtert. Leidet man unter einem akuten Infekt und benötigt das Nasenspray daher nur einige Tage hintereinander, ist das an sich auch nicht dramatisch. Doch spätestens nach rund einer Woche kontinuierlicher Anwendung wird der sogenannte Rebound-Effekt immer wahrscheinlicher: Die Nasenschleimhaut gewöhnt sich jetzt an den Helfer von außen und schwillt noch schneller an – sie braucht deswegen immer mehr Nasenspray, um wie gewünscht abzuschwellen. Nach monate- bis jahrelangem Nasenspray-Missbrauch kann es dazu kommen, dass die Nasenschleimhaut dauerhaft angeschwollen ist; sogar den Geruchssinn kann man durch die Dauernutzung verlieren.

Glucocorticoide helfen bei langfristig verstopften Nasen

Was nun also tun, wenn die Allergiesaison oder ein hartnäckiger Infekt die Nase verstopfen? Zunächst hat man eine gewisse Auswahl an Nasensprays, zwischen der man abwägen sollte. Was viele nicht wissen: In den meisten Nasensprays sind Konservierungsmittel enthalten, die die Keime abtöten, die sonst durch die Benutzung in der Nase in die Flasche geraten könnten. Der Nachteil an diesen Mitteln ist jedoch, dass sie die feinen Flimmerhärchen in unserer Nase behindern oder sogar lähmen können. Diese brauchen wir jedoch unbedingt, damit entstehender Schleim nach draußen gelangen kann. Geht das nicht mehr, weil die Flimmerhärchen ihren Dienst quittieren, sind wir automatisch infektanfälliger, denn Viren und andere Erreger haben nun freie Bahn in unseren Blutkreislauf. Ein einfacher Tipp, um dem entgegenzuwirken, gefällig? Lieber konservierungsmittelfreie Nasensprays kaufen. Die kommen meistens mit einem speziellen Aufsatz daher, der verhindert, dass Keime aus der Nase in die Flasche wandern können – und sind daher etwas teurer. Ihr Geld sind sie aber in der Regel wert und man kann sie sogar einige Tage länger bedenkenlos benutzen, als es bei ihren Kollegen mit Konservierungsmitteln der Fall ist.

„Okay, aber wäre es nicht am besten, gar kein Nasenspray mehr zu verwenden?“, fragen sich jetzt vielleicht einige. Sicher ist das der beste Weg. Wer jedoch sonst nicht durchatmen kann, braucht eine Unterstützung. Hier lohnt es sich, mit dem HNO-Arzt oder der -Ärztin zu sprechen – denn es gibt eine probate Lösung für Leute, die beispielsweise im Frühjahr über Monate hinweg von allergischen Symptomen geplagt werden: Mometason. Dabei handelt es sich um ein Glucocorticoid, umgangssprachlich auch als Kortison bezeichnet. Es wirkt nicht sofort, aber nach etwa einem bis anderthalb Tagen – dafür aber gleich mehrfach: antientzündlich, antiallergisch und abschwellend. Allerdings bekommt man es nur auf Rezept – noch ein Grund, die Arztpraxis aufzusuchen.

So gelingt der Entzug schrittweise

Wer bereits abhängig ist und einen Entzug vom Nasenspray machen möchte, dem stehen verschiedene Wege zur Verfügung. Im Vordergrund steht aber immer, die Dosis entweder auf einmal oder schrittweise zu reduzieren – entweder, indem man auf ein Spray für Kinder umsteigt, oder das eine Nasenloch erst langsam „herunterfährt“ und dann das andere.

Zusätzlich im Winter zu empfehlen sind Sprays mit hypertoner Meer- oder Kochsalzlösung. Sie wirken zwar schwächer als abschwellende Sprays, machen dafür aber nicht abhängig. Außerdem befeuchten sie die Schleimhäute, was es für Viren schwieriger macht, sich festzusetzen. Der Wirkstoff Dexpanthenol ist beispielsweise bekannt für seine befeuchtende und regenerierende Wirkung auf die Schleimhaut. Auch Nasenöle, die man direkt mit dem Finger aufträgt, funktionieren gut und befeuchten sogar noch besser – allerdings sind sie nachvollziehbarer Weise nicht jedermanns Fall.

Homöopathische Sprays wirken leider nicht über den üblichen Placebo-Effekt hinaus. Die langfristige Nutzung eines abschwellenden Nasensprays kann schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Wer dauerhaft unter einer eingeschränkten Nasenatmung leidet, sollte sich daher lieber auf die Ursachensuche begeben. Untersuchungen sowie Beratungen zu möglichen Therapien biete ich in meiner Ordination an. Kommen Sie gerne auf mich zu und buchen Sie jetzt Ihren Termin ganz bequem online.

Quellen:

  • Fokkens, W. J., Lund, V. J., Hopkins, C., Hellings, P. W., Kern, R., Reitsma, S., … & Mullol, J. (2020). Executive summary of EPOS 2020 including integrated care pathways. Rhinology, 58(2), S. 9.
  • DerApotheker (2022). DerApotheker für alle Fälle: Die häufigsten Beschwerden. Die unsinnigsten Versprechen. Die besten Mittel. Lübbe Life. Warum man ein abschwellendes Nasenspray nicht länger als eine Woche benutzen sollte. S. 21-31.
  • Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte e.V. (2012). Abschwellendes Nasenspray nur kurze Zeit anwenden. Abgerufen via: https://www.hno-aerzte-im-netz.de/news/hno-news/abschwellendes-nasenspray-nur-kurze-zeit-anwenden.html am 06.12.2022

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